Im Jahr 1957 berichtet Rektor Bamberger:
Von der Brühler Schule
Bis zur Schaffung des Schulgesetzes vom 18. September 1878, welches die Simultanschule einführte, waren die Schulverhältnisse in Brühl sehr bescheiden.
Evangelische und katholische Kinder besuchten getrennte Schulen, beide in den dürftigsten Räumen untergebracht, die katholische Schule im heutigen Farrenwärterhaus, die evangelischen in einem Häuschen des Mühlgäßchens. Mit der Aufhebung der Stabhalterei im Rohrhof verschwand die dortige Schule. Die Kinder mußten täglich den Schulweg nach Brühl machen. Zwar versuchte man durch Notlösungen, Verlegung von Schulklassen im Rathaussaal und Wirtshaussäle Abhilfe zu schaffen, aber Besserung der untragbaren Zustände trat erst mit der 1888 erfolgten Errichtung der sog. „Alten Schule“ ein und auch das nur für sehr kurze Zeit. Schon 1898 wurde der Bau der sog. Mittleren Schule fällig. Jetzt standen im Ganzen 5 Klassenzimmer und 3 Hauptlehrerwohnungen zur Verfügung. Jedoch blieb die Raumnot auch dann noch chronisch, als die Gemeinde 1911 die „Neue Schule“ erstellte. Nun besaß man 9 Schulsäle, in welchen 3 Hauptlehrer und ein Unterlehrer Unterricht erteilten. Im Souterrain wurde ein inzwischen zum Gemeindebad avanciertes Brausebad für die Kinder eingerichtet. Seit 1892 war Oberlehrer Friedrich Becker Schulleiter.
Nach seiner Pensionierung 1912 übernahm Hauptlehrer Karl Mark die Oberlehrerstelle. Die aufblühende Industrie der Nachbarstadt sowie die ortsansässige Schütte-Lanz-Luftschiffwerft ließen mit dem Anwachsen der Einwohnerzahl die Zahl der Schüler im Jahre 1914 auf 677 ansteigen, denen 11 Lehrer die elementaren Kenntnisse vermittelten. Oberlehrer Mark wurde zum Rektor ernannt. Wenige Tage darauf brach der 1. Weltkrieg aus: Die Hälfte der Lehrer wurde zum Heer einberufen, so daß kein ordnungsgemäßer Unterricht mehr abgehalten werden konnte. Als der Krieg dann unglücklich zu Ende ging, brachten Geldentwertung und ausgeschöpfte Vorräte dem Volke Hunger und Elend. Die Gemeinde richtete eine Schulspeisung für 150 unterernährte Kinder ein und verschickte 70 besonders schwächliche Kinder in die Erholungsheime Feldberg und Waldhausen. Nachdem einigermaßen wieder normale Verhältnisse eingetreten waren, tat sie ein Übriges, indem sie durch Einstellung einer überzähligen Lehrkraft die Möglichkeit erweiterten Unterrichts in den Oberklassen schuf.
1936 erstand am Rande der Rheinau eine IG.-Siedlung. Sie erhielt ein eigenes Schulhaus, ging aber 1944 mit einem Teil von Brühl-Rohrhof an Mannheim verloren. In der Zwischenzeit war Brühls Ehrenbürger, Rektor Mark in den Ruhestand getreten, abgelöst durch Rektor Faulhaber. Mit Ausbruch des 2. Weltkrieges wurden die Verhältnisse an der Schule kritisch durch die Einberufung von Lehrern zu den Fahnen, eine Fortsetzung des Unterrichts von mal zu mal mehr illusorisch. Nach der Niederringung Frankreichs fand ein Austausch zwischen badischen und elsässischen Lehrern statt. Dann wurden auch sie in der Industrie eingesetzt und damit war es ganz vorbei mit dem Schulhalten. Schließlich wurde es von den Siegermächten überhaupt verboten.
Erst am 2. September 1945 öffnete die Schule wieder ihre Pforten, allerdings nur zum Unterricht von 4 Lehrern in den untersten 4 Klassen. Das Rektorat übernahm Hauptlehrer Bamberger, im Rohrhof wurde Hauptlehrer Käser Oberlehrer. Lehrkräfte des Schwetzinger Gymnasiums taten Aushilfsdienst. Dadurch konnte, wenn auch gekürzt, der volle Unterricht aufgenommen werden. Und wieder gab es Raumnot! Zugewanderte und Flüchtlinge schickten ihre Kinder zur Schule. Hilfe tat not! Sie erfolgte auf weite Sicht durch die Erweiterung der „Neuen Schule“. Rektoren- und Lehrerzimmer, 4 Schulsäle, sowie eine Aula, entstanden in dem hygienisch angelegten Neubau. Zwei Handarbeitslehrerinnen bringen im Hauswerk den Schülerinnen der 8. Klasse Kenntnisse im Haushalt bei, Begabtenunterricht lehrt Fremdsprachen, Verlängerung der Schulzeit auf 10 Jahre ermöglicht Lerneifrigen den Aufstieg zur mittleren Reife. Zu Beginn des Jubiläumsjahres besuchen in Brühl 573, im Rohrhof 162 Kinder die Schulen. 16 Lehrer und 2 Handarbeitslehrerinnen, sind ihnen Vermittler der Vorkenntnisse für das praktische Leben. Das kommende Schuljahr bringt eine Neuaufnahme von 150 Kindern und macht damit die Anstellung weiterer Lehrkräfte erforderlich.
Bei der Aufgeschlossenheit, welche die Gemeindeverwaltung für die Belange der Schule zeigt, können wir die feste Überzeugung haben, daß die Brühler Schule auch in Zukunft wohlberaten sein wird.