Brühl 1912 mit Fischzuchtanlage
Zu untenstehendem Artikel aus der Schwetzinger Zeitung vom 25.02.2014 habe ich in meinem Archiv auch noch ein Karte aus dem Jahr 1912 gefunden:
Heimatgeschichte: Kartenfund erinnert an die Zeit der „domänenärarischen Fischzuchtanlage“ zwischen Leimbach und Altrheinarm / Alte Fährverbindung eingezeichnet
Nahrung für Großherzogs Untertanen
Brühl. Beim Durchstöbern einer Kiste mit alten Unterlagen tauchte er plötzlich auf und ließ das Rätselraten selbst bei einigen “Ur”-Brühlern aufkommen. Von einer “domänenärarischen Fischzuchtanlage” entlang des Leimbaches im Bereich des heutigen Weidweges ( L 630 ) in Richting Rhein, den dieser alte Plan zeigte, wusste keiner so richtig etwas.
Erst der frühere Rektor Walter Schleich konnte auf Anfrage unserer Zeitung nähere Angaben zu dieser offensichtlich bedeutenden staatlichen Fischzucht zwischen Leimbach im Norden und Altrhein im Süden machen.
Dennoch ist es ist wirklich schade, dass auf der mysteriösen Karte – übrigens eine “Photo-Zinkographie” – eine Jahreszahl des Entstehungsjahres fehlt. Ihre Machart, wie auch die Tatsachen, dass der Weidweg, ebenfalls das Gasthaus “Zum Entenjakob” und die beiden Baggerseen noch komplett fehlen, lassen allerdings den Schluss zu, dass es sich um ein Dokument aus der Zeit einige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg handeln dürfte, wie manche Heimatkundler mutmaßen.
Fisch für die Krankenhäuser
Ganz exakt sieht man den Verlauf der Fischzuchtanstalt mit ihren Fischgruben, der Stauschleuse, Zu- und Abflussgraben, Kiesfilter und vielem mehr.
Schleich erinnert sich genau aus den Erzählungen seiner Mutter, dass aus dieser Anlage des Großherzogtums Baden die Bevölkerung versorgt wurde. “Im Ersten Weltkrieg gingen die dort gezüchteten Fische vor allem zur Versorgung der Patienten an die Krankenhäuser – vor allem an das in Schwetzingen”, erinnert er sich.
Doch echte bauliche Überreste dieser “domänenärarischen Fischzuchtanlage” existieren nicht mehr. In der Zeit des Reichsarbeitsdienstes, einer Organisation im nationalsozialistischen Deutschen Reich, sorgten zahlreiche junge Männer in ihrer sechsmonatigen, dem Wehrdienst vorgelagerten Arbeitspflicht, während eines Arbeitsdienstes dafür, dass die Gräben und Becken der Anlage schon bald wieder zugeschüttet wurden.
Die letzten Überreste verschwanden dann, als für den Bau der Autobahn A 6 zwischen dem Autobahnkreuz Mannheim und dem Autobahnkreuz Weinsberg in den 60er Jahren die beiden Baggerseen ausgehoben wurden, die heute vom Angelsportverein Rohrhof sowie der Pacht- und Hegegemeinschaft als Fischgewässer genutzt werden.
Jede Menge Sand, Kies und Lehm
Der Sand und Kies – beim ersten Baggersee war es Gestein aus dem einstigen Neckarlauf, beim zweiten aus dem früheren Rheinbett – wurden für den Ausbau dieses Autobahnteilstücks benötigt.
Auf der detailreichen Karte ist auch der alte “Kollerweg” mit seiner Industriebahn entlang des Altrheins eingezeichnet, der früheren “Letten”-Transportbahn, umgangssprachlich auch die “Erdkotz” genannt, mit welcher der Lehm zu den Brennöfen der zahlreichen Ziegeleien im Ort transportiert wurde.
Ganz interessant sind auch die eingezeichneten Positionen der alten und neuen Kollerfähren. Die “alte” Fähre legte bis 1904 dort an und ab, wo später die Bundeswehr ihren Fährbetrieb im Manöver aufbaute – heute ist dort bei der Einmündung des Leimbachs das Ende des Weidwegs. Die neue Verbindung über den Rhein wurde damals etwas südlicher, an der heutigen Stelle des Anlegers, eingerichtet.
An der Anlegestelle der alten Fähre gab es noch das “Färcherhaus”, in welchem sich die Fährleute aufhalten konnten und teilweise wohl auch wohnten. rie/ras
© Schwetzinger Zeitung, Dienstag, 25.02.2014